Leicht veränderter Auszug aus: Kunz/Panten: Die Köge Nordfrieslands, Bredstedt, 1997
Benannt nach seinem Besitzer und Eindeicher Jean Henri Desmercieres
Bedeichungsjahr: 1767
Größe: 360 ha
Deichlänge: rund 2,2 km
Zwei Jahrzehnte nach der Gewinnung des Sophie-Magdalenen-Kooges war dann auch das südlich anschließende Vorland so weit aufgeschlickt, daß die Eindeichung eines zweiten Stücks des großen
Deichprojekts am Botter Tief, dem Bredstedter Werk, erfolgen konnte. Die Landesherrschaft verfolgte damit die Gewinnung einer ansehnlichen Landfläche und erheblich mehr Sicherheit für die
gefährdeten Deiche der rückwärtig liegenden älteren Köge. Im Auftrag des Besitzers des Oktroi (etwa: Konzession) von 1733, des dänischen Staatsrats Jean Henri Desmercieres, Gründer der ersten
Bank in Kopenhagen, Besitzer mehrerer großer Güter in Holstein und Träger höchster Auszeichnungen, wurde in den Jahren 1765-67 der Desmerciereskoog (landläufig "Desmerziereskoog" ausgesprochen!)
gewonnen und damit die Bucht vor dem Breklumer Koog geschlossen.
Der neue Deich zeichnete sich dadurch aus, daß er ein anderes Profil als bis dahin üblich erhalten hatte. Vor allem die zur Seeseite hin flach auslaufende Böschung war musterhaft für den weiteren
Deichbau. Die verschiedenen Bauweisen alter und neuer Deiche führten bei ihrem Aufeinandertreffen allerdings zu gefährlichen Nahtstellen. So auch bei Nordkoog, wo der Deich der Hattstedtermarsch
aus dem 15. Jahrhundert auf den modernen Deich von Desmercieres stieß. Dieser Ort soll denn auch ein wesentlicher Schauplatz in Theodor Storms Novelle "Der Schimmelreiter" gewesen sein.
Desmercieres kümmerte sich neben dem Deichbau aber auch um eine gute Entwässerung seines Kooges und gab seinen Siedlern, die er persönlich auswählte, die Möglichkeit, sich als freie Bauern mit
eigenem Besitz niederzulassen und zu behaupten. Wenn sie die hohen Landpreise nicht bezahlen konnten, räumte er ihnen langfristige Abzahlungsverträge ein.
Während in den Anfangsjahren noch der Ackerbau dominierte, belebte bald ein blühender Export fetter Ochsen nach England die Grünlandwirtschaft, die zeitweise etwa zwei Drittel bis vier Fünftel
der Nutzfläche ausmachte. Die wirtschaftliche und technische Entwicklung brachte schließlich wieder eine deutliche Verschiebung zum Ackerbau mit sich.
Heute bieten die Höfe – bezeichnenderweise sind den heutigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entsprechend nur noch drei Familien im Koog ansäßig, die Vollerwerbslandwirtschaft betreiben – ein
sehr unterschiedliches Bild. Ein Betrieb sichert sein Einkommen durch intensiven Ackerbau, Mutterkuhhaltung und Rindermast, der nächste Betrieb ist zusätzlich zum Ackerbau auf Direktvermarktung
von Erdbeeren, Spargel und Kartoffeln spezialisiert, während der dritte biologisch-dynamisch mit Schwerpunkt Vermehrung und Vermarktung von Saatgut wirtschaftet. Einerseits bewirtschaften unsere
Landwirte zum Teil auch auswärtiges Land, andererseits dienen sowohl ein Teil des Koogslandes als auch einige der Gebäude im Koog nicht hier Ansäßigen als zusätzliche Erwerbsgrundlage. Der
Betrieb von Windkraftanlagen bildet ein weiteres wirtschaftliches Standbein für die Zukunft.
Fotos: Daniela Albrecht